Art. 43 [Zugang zu Rechtsquellen]

     (1) Gesetze, Rechtsverordnungen, Technische Regelwerke, Satzungen und allgemeinverbindliche Tarifverträge sind in einem allgemein zugänglichen elektronischen Informationssystem kostenlos zu veröffentlichen.

     (2) Die Gerichte haben Entscheidungen von allgemeinem Interesse nach Maßgabe des Absatzes 1 zu veröffentlichen.

     (3) Ermessensbindende Verwaltungsvorschriften sind von den Verwaltungsbehörden nach Maßgabe des Absatzes 1 zu veröffentlichen.
 

Begründung:
Partizipation und Kontrolle setzen voraus, daß die in unserer Rechtsordnung maßgeblichen Rechtsquellen möglichst leicht zugänglich sind. Das Internet eröffnet hierfür ganz neue Möglichkeiten. Mit geringen Kosten können hier große Datenbestände einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Nachdem diese Möglichkeit eröffnet ist, besteht unseres Erachtens auch die Notwendigkeit, sie verfassungsrechtlich zu verankern, um sie alsbald nutzbar zu machen.

Zu Absatz 1:
Der Vorschlag zählt alle Typen von Rechtsnormen (vgl. Art. 52 bis 57) auf. Sie sind uneingeschränkt im Internet zu veröffentlichen, so daß offenbleiben kann, wer für die Veröffentlichung zu sorgen hat. In der primären Pflicht ist nach den Grundsätzen der Annexkompetenz immer das Organ, welches die Vorschrift erlassen hat. Die Regelung läßt aber die Möglichkeit offen, zentrale Veröffentlichungsagenturen für mehrere Organe zu schaffen.

Die Kostenlosigkeit der Veröffentlichung bedeutet nicht, daß jedermann die Telefonverbindung, der Zugang zum Internet oder gar der Computer kostenlos zur Verfügung gestellt werden muß, um die Informationen abzurufen. Kostenlos ist nur die Veröffentlichung selbst, also die Bereitstellung im elektronischen Netz zum jederzeitigen Zugriff durch jedermann.

Zu Absatz 2:
Gerichtsentscheidungen sind häufig auch Rechtsquellen, nämlich dann, wenn durch sie die Rechtsnormen ausgelegt werden. Da dies aber nicht bei jeder Gerichtsentscheidung der Fall ist, muß eine Auswahl getroffen werden. Dies obliegt den Gerichten als Selbstverwaltungsangelegenheit.

Zu Absatz 3:
Verwaltungsvorschriften sind an sich Verwaltungsinterna. Wenn es sich dabei aber um Vorgaben handelt, nach denen der einzelne Sachbearbeiter gesetzlich eingeräumte Ermessensspielräume ausfüllen soll, gewinnen sie Rechtsquellenqualität, weil eine bestimmte Behördenpraxis einen Anspruch auf Gleichbehandlung zur Folge haben kann. Deshalb sind entgegen heute häufiger Praxis auch ermessensbindende Verwaltungsvorschriften zu publizieren. Dies ist Aufgabe der Verwaltungsbehörde, welche die Vorschrift erläßt.

Kompatibilität:
Kein Widerspruch zu höherrangigem Recht

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© by Arbeitsgruppe "Schöne Aussicht" 1998