Art. 20 [Privateigentum]

     Jeder Mensch hat das Recht auf Eigentum an den Sachen und Rechten, die zur Sicherung seiner Existenz und seiner bürgerlichen Freiheit als gleich einflußreiches Mitglied der staatlichen Gemeinschaft notwendig sind (Privateigentum). In dieses Recht darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes und nur zu dem Zweck eingegriffen werden,
     a) eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren,
     b) eine titulierte Forderung zu vollstrecken, außer das Eigentum dient der Sicherung des Existenzminimums,
     c) Gegenstände einzuziehen, mit denen strafbare Handlungen begangen wurden oder die aus solchen stammen.
 

Begründung:
Wir schlagen vor, bei der Frage nach dem Eigentumsrecht zu unterscheiden zwischen dem Eigentum, das Gegenstand unmittelbarer Produktion und Konsumtion ist, und das zum einen notwendig ist, um die eigene Existenz und bürgerliche Freiheit als gleich einflußreiches Mitglied der Gesellschaft sichern zu können (Privateigentum), und dem Eigentum, welches als darüberhinausgehende Herrschaft über Sachen und Rechte Macht über andere verleiht und daher öffentlichen Charakter trägt (Eigentum).

Das Privateigentum ist ein Menschenrecht, denn sein Verlust führt dazu, daß der Mensch zum Objekt fremder Herrschaft und Bevormundung wird und der Betroffene um die privatnützigen Früchte seiner Arbeit gebracht wird. Privateigentum in diesem Sinne sind nicht nur die Sachen und Rechte, die zur Existenzsicherung unverzichtbar sind (Existenzminimum), sondern auch jene erarbeiteten oder anders (Schenkung, Erbschaft) erworbenen Sachen und Rechte, die den Inhaber nicht dazu befähigen, wirtschaftliche Macht über andere auszuüben; dazu gehört also das Eigenheim, die Rentenanwartschaft und auch das Millionenerbe, das in einer Weise investiert wird, die nicht mit wirtschaftlichen Machtbefugnissen verbunden ist.

Das Eigentum an Sachen und Rechten, das nicht zur Emanzipation des Individuums erforderlich ist, sondern dessen Funktion darin besteht, (wirtschaftliche) Macht über andere auszuüben, trägt dagegen öffentlichen Charakter. Es ist ein Recht, das von der Gesellschaft dem Inhaber verliehen worden ist, weil die Zuordnung wirtschaftlicher Macht in der Hand von Privaten als gesellschaftlich zweckmäßig angesehen wird. Es handelt sich insoweit nicht um ein Menschenrecht. Es sollte deshalb im Abschnitt über Staatsziele und Institutsgarantien abgehandelt werden (vgl. Art. 39).

Privateigentum darf nur in sehr engen Grenzen eingeschränkt werden. Die Gründe, aus denen es eingeschränkt werden darf, sind deshalb in der Verfassung selbst aufzuzählen.

Kompatibilität:
Kein Widerspruch zu höherrangigem Recht.

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© by Arbeitsgruppe "Schöne Aussicht" 1998