§ 1 Grundlagen

II. Bedeutung der gesetzlichen Tatbestände

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Kapitel:
II.   Bedeutung der gesetzlichen Tatbestände
1.   Tatbestand und Rechtsfolge - Strafgesetze als Konditionalprogramme
2.   Formale Begrenzungswirkung des Wortlauttatbestands - Analogieverbot
3.   Sachlicher Regelungsgehalt - insbesondere: teleologisches Normverständnis
4.   Sinn des Erfordernisses gesetzlicher Normierung
5.   Anwendungsvoraussetzungen eines Straftatbestands im Überblick
6.   Ein grundlagenorientiertes Gliederungsschema
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II. Bedeutung der gesetzlichen Tatbestände

1. Tatbestand und Rechtsfolge - Strafgesetze als Konditionalprogramme

Der Verbrecher verstößt nicht gegen das Strafgesetz, sondern er handelt ihm gemäß (er "erfüllt" es)[45] und löst gerade dadurch dessen Rechtsfolgen aus: Wenn er überführt und verurteilt wird, kommt es zum Schuldspruch wegen eines bestimmten Delikts und dem entsprechenden Strafausspruch, der noch der Vollstreckung bedarf. Der Verstoß richtet sich nicht gegen das Strafgesetz als solches, sondern gegen eine im Strafgesetz vorausgesetzte Verhaltensnorm. Das Strafgesetz versieht diese Verhaltensnorm mit einer Strafbewehrung. Im Falle der Übertretung der Verhaltensnorm greift sodann (regelmäßig bei Erfüllung gewisser Zusatzvoraussetzungen) die konkrete Sanktionsanordnung ein.

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Insoweit entspricht der Regelungsgehalt der Strafgesetze dem typischen Regelungsgehalt von Gesetzesrechtssätzen: Sie enthalten ein Konditionalprogramm, das freilich durch weitere Umsetzungsnormen ergänzt werden muß - etwa durch Verfolgungsvoraussetzungen, Verfahrensregeln oder Beweisanforderungen. Diese Rechtssätze weisen also eine "Wenn-dann-Struktur" auf. Die Voraussetzungen bilden den Tatbestand, bei dessen Erfüllung die Rechtsfolge eintritt. Bei Strafgesetzen geht es genau genommen um zwei Rechtsfolgen: um die Rechtsfolge des Schuldspruchs und die der Strafe. Zum Beispiel normiert § 222: "Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Derartige Sätze sind nicht im Sinne einer Feststellung von Tatsachen gemeint, sondern enthalten bei Erfüllung gewisser Zusatzbedingungen die Aufforderung an die zuständigen Strafverfolgungsorgane, eine entsprechende Sanktionierung herbeizuführen. Wenn die genannten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, dann sollen die vorgesehenen Rechtsfolgen (Schuldspruch und Bestrafung) eingreifen. Faktisch kommt es dazu in zahlreichen Fällen nicht (z. B. wenn die Tat nicht entdeckt oder der Täter nicht überführt wird[46]).

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2. Formale Begrenzungswirkung des Wortlauttatbestands - Analogieverbot

Der Voraussetzungsseite der Strafgesetze kommen dabei mehrere Funktionen zu: Mit ihrer (sprachlichen) Schilderung eines Geschehens stecken sie die äußerste Grenze dessen ab, was von der betreffenden Strafnorm nach geltendem Recht (de lege lata) erfaßt sein kann. Was selbst bei großzügigem Sprachverständnis davon nicht abgedeckt wird, fällt schon wegen der formalen Garantie des nullum crimen-Satzes[47] aus dem zu sanktionierenden Bereich heraus. Die Wortlautgrenze darf nicht überschritten werden. Dies gilt unabhängig davon, ob es an sich sachgerecht wäre, die in Frage stehende Rechtsfolge eingreifen zu lassen.[48] Wer eine so entstehende Bestrafbarkeitslücke für nicht tragbar hält, kann bei Beachtung der Wortlautgrenze nur für eine Gesetzesänderung plädieren.

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Ein "historisches" Beispiel bietet § 3 I Nr. 6 PrFDG: Der Forstdiebstahl mittels eines Lastkraftwagens ist mindestens genauso schlimm wie der mittels eines "bespannten Fuhrwerks". Eine Sanktionsnorm, in der als Qualifikationsgrund nur das bespannte Fuhrwerk erfaßt ist, kann dennoch auf einen Forstdiebstahl mittels eines Lastkraftwagens nicht angewandt werden.[49] - Die lex lata ist insoweit flexibler: Nach §§ 242, 243 gibt es außer den durch Regelbeispiele ausdrücklich benannten auch unbenannte besonders schwere Fälle des Diebstahls.[50]

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Ein weiteres Beispiel bildet die mittelbare Brandstiftung des § 308 I Fall 2 in der bis zum Inkrafttreten des 6. StrRG am 1. April 1998 geltenden Fassung. Nach dieser Vorschrift müssen die in Brand gesetzten Gegenstände, "Eigentum des Täters" sein. Sachlich liegt der Grund für die Mißbilligung solchen Verhaltens indessen anerkanntermaßen in der Gefährdung anderer Objekte (etwa einer fremden Scheune mit darin lagernden fremden Vorräten). Infolgedessen sollte die Strafvorschrift nach verbreiteter Auffassung auch auf das Inbrandsetzen fremder Sachen mit Zustimmung des Eigentümers sowie auf die Brandstiftung an herrenlosen Sachen anwendbar sein.[51] Im Hinblick auf das Analogieverbot wurde eine derartige "berichtigende Auslegung" von einem Teil des Schrifttums aber mit Recht abgelehnt.[52] Mit dem Inkrafttreten des 6. StrRG erledigt sich das Problem freilich auch in diesem Bereich.

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3. Sachlicher Regelungsgehalt - insbesondere: teleologisches Normverständnis

Die wortlautmäßige Erfassungsbreite einer Sanktionsnorm ist freilich nicht identisch mit ihrem sachlichen Regelungsgehalt, wie er sich bei einem am "Sinn und Zweck" einer Norm ausgerichteten (ratio-orientierten, teleologischen) Verständnis ergibt. Was eine bestimmte Straftat ist, kann nicht im Wege wortlautmäßiger Ableitung (Deduktion) und formal-begrifflicher Unterordnung (Subsumtion) "festgestellt" werden. Es erschließt sich erst durch eine auf die konkret in Frage stehenden Rechtsfolgen (Schuldspruch und Strafe) ausgerichtete Betrachtungsweise. Denn nur wenn diese spezifisch strafrechtlichen Rechtsfolgen durch die Rechtsgüterschutzaufgabe legitimierbar sind, kann mit Recht von einer Straftat gesprochen werden. Deshalb müssen die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen so aufgefaßt, konkretisiert und notfalls ergänzt werden, daß die erforderlichen Legitimationsbedingungen für den Einsatz des spezifischen Mittels der Strafe gewährleistet sind.[53] Im einzelnen bedeutet das vor allem folgendes:

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Da der Schuldspruch wegen einer bestimmten Straftat immer den Vorwurf eines spezifischen fehlerhaften Verhaltens beinhaltet, muß dieser Vorwurf sachlich berechtigt sein. Kann ein bestimmtes Verhalten rechtlich schon grundsätzlich oder aber ausnahmsweise nicht beanstandet werden, liegt schon deshalb keine Straftat vor. Die einzelnen Straftatbestände treffen insoweit eine Auswahl lediglich innerhalb des Kreises rechtlich mißbilligten Verhaltens. Das fehlerhafte Verhalten i. S. eines bestimmten Straftatbestandes (spezifisches Verhaltensunrecht) wird nicht erst durch diesen konstituiert, sondern bei seiner Anwendung als vorhanden vorausgesetzt! Die Handlung ist nicht wegen der Erfüllung des Tatbestandes unrechtmäßig, sondern der Tatbestand kann nur bei (grund-sätzlicher[54]) Unrechtmäßigkeit der Handlung erfüllt sein. Die Kategorie des Verhaltensunrechts ist also keine spezifisch strafrechtliche Kategorie, sondern eine solche der dem Strafrecht vorgelagerten primären Normenordnung, die das rechtlich richtige vom rechtlich zu beanstandenden Verhalten abschichtet.

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Indessen erschöpft sich der Vorwurf bei Verurteilung wegen einer bestimmten Straftat regelmäßig nicht im Vorwurf fehlerhaften Verhaltens. Bei der Verurteilung z. B. wegen Mordes (§ 211), Sachbeschädigung (§ 303), fahrlässiger Tötung (§ 222) oder Körperverletzung (§ 223) - diese Straftaten gehören zur Gruppe der sog. Erfolgsdelikte - bilden tatbestandsmäßige Verhaltensfolgen einen zusätzlichen Vorwurfsgegenstand: Dem Mörder wird nicht nur die Vornahme einer bestimmten Tötungshandlung vorgeworfen. Eine solche liegt ja bereits dann vor, wenn in zu mißbilligender Weise die Möglichkeit der Todesherbeiführung eröffnet worden ist. Beispiel: Eine Pistole wird in Richtung auf einen Menschen abgefeuert, jedoch verfehlt die Kugel zufällig ihr Ziel. Trifft der Schütze, wird ihm nicht nur die Vornahme der Tötungshandlung angelastet, sondern zusätzlich der daraus hervorgegangene Todeserfolg. Auch die sachliche Berechtigung dazu wird nicht durch den Straftatbestand konstituiert, sondern wiederum bei seiner Anwendung als gegeben vorausgesetzt. Die Erfolgsherbeiführung ist nicht wegen der Tatbestandserfüllung anlastbar, sondern nur bei anlastbar herbeigeführtem Erfolg ist der darauf abstellende Tatbestand erfüllt. Entsprechendes gilt für sonstige gleichwertige Gegebenheiten - etwa die tatsächliche Fremdheit der weggenommenen Sache beim Diebstahl.

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Konstitutiv (rechtsbegründend) und nicht nur deklaratorisch (rechtsbe-kundend) wirkt ein Straftatbestand freilich insoweit, als er bestimmt, welches Verhaltensunrecht - u. U. in Verbindung mit der Erfüllung weiterer Sanktionsvoraussetzungen - nach geltendem Recht bestraft werden soll. Hier muß man sich die Summe aller unrechtmäßigen Verhaltensweisen (unter Einschluß ihrer zu verantwortenden Folgen und sonstiger gleichwertiger Gegebenheiten) als einen Kreis vorstellen, bei dem ein kleinerer darinliegender Kreis die Teilmenge der Unrechtstaten repräsentiert, die strafbar sein sollen. Nicht der Umfang des größeren, wohl aber der des kleineren Kreises wird durch die Straftatbestände konstituiert.

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4. Sinn des Erfordernisses gesetzlicher Normierung

Totschlag und Betrug gibt es auch ohne die §§ 212 und 263 als Formen unrechtmäßigen Verhaltens. Zu Straftaten des geltenden Rechts werden solche Verhaltensweisen erst durch die Tatbestände und auch erst unter den darin genannten weiteren Voraussetzungen neben dem tatbestandsspezifisch mißbilligten Verhalten. Der Strafbarkeitsanordnung durch Schaffung entsprechender Sanktionsnormen bedarf es nicht nur wegen der bereits angesprochenen formalen Garantie, sondern vor allem auch wegen der materialen Garantie des nullum crimen-Satzes.[55] Danach muß der demokratisch legitimierte Gesetzgeber (selbst) bestimmen, welche strafrechtlichen Sanktionsnormen mit welchem genauen Inhalt es geben soll. Diese Aufgabe darf nicht etwa an die Verwaltung delegiert werden.[56]

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Der Strafgesetzgeber muß mit den einzelnen Sanktionsnormen bestimmen, welches Verhaltensunrecht unter gegebenenfalls welchen weiteren Voraussetzungen eine Straftat sein soll. In dieser Hinsicht lassen viele Sanktionsnormen jedenfalls in einem Kernbereich kaum Zweifel aufkommen und sind deshalb relativ problemlos zu handhaben. So sind z. B. - grob gesprochen - in § 222 (fahrlässige Tötung) Verstöße gegen Verhaltensnormen erfaßt, die im Lebensschutzinteresse anderer zu legitimieren sind, sofern die Verstöße tatsächlich zum Tod eines anderen geführt haben; in § 212 (Totschlag) werden vorsätzliche folgenreiche Verstöße solcher Art verschärft pönalisiert. In §§ 212, 22, 23 (versuchter Totschlag) ist eine Sanktionsnorm vorgesehen, die (auch ohne Todeserfolg) den schlichten vorsätzlichen Verstoß gegen einen im Lebensschutzinteresse anderer zu legitimierende Verhaltensnorm als solchen sanktioniert. §§ 242, 263 (Diebstahl, Betrug) erfassen bestimmte vorsätzliche Verstöße gegen Verhaltensnormen, die fremdes Eigentum bzw. (Verfügungen über) fremdes Vermögen schützen sollen, sofern die Zusatzbedingungen der genannten Tatbestände erfüllt sind. Etwa beim Betrug muß das - von der Absicht rechtswidriger Bereicherung getragene - tatbestandsmäßige Täuschungsverhalten zu einer entsprechenden irrtumsbedingten vermögensschädigenden Verfügung des Getäuschten geführt haben. Freilich können auch Unklarheiten über die Schutzrichtung eines Tatbestands - über dessen Schutzzweck - bestehen.

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Fraglich ist z. B., ob die Tötung auf Verlangen (§ 216) den Verstoß gegen eine im konkret betroffenen Lebensschutzinteresse des einzelnen legitimierbare Verhaltensnorm erfordert oder ob es um den Schutz überindividueller Interessen der Allgemeinheit geht (im letzteren Fall läge die Vorschrift auf derselben Linie wie z. B. die Wehrpflichtentziehung durch Selbstverstümmelung; vgl. § 109). Die geläufige Behauptung, aus § 216 folge die Indisponibilität des Rechtsguts Leben, löst das sich dabei stellende Legitimationsproblem nicht, sondern schneidet es willkürlich ab.[57]

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5. Anwendungsvoraussetzungen eines Straftatbestands im Überblick

Für die Anwendbarkeit eines bestimmten Straftatbestands (einer bestimmten Sanktionsnorm) müssen vor dem soeben skizzierten Hintergrund des nullum crimen-Satzes unter strikter Beachtung des Textes der in Frage kommenden Strafnorm mehrere Fragen geklärt werden:

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Zunächst gilt es zu klären, welche spezielle Art von Verhaltensnormverstößen sachlich erfaßt werden soll. Insoweit handelt es sich um ein Problem der Bestimmung des abstrakt gemeinten tatbestandsspezifischen Verhaltensnormverstoßes. Dabei muß der spezifische Rechtsgüterschutzaspekt erfaßt werden.[58] Außerdem ist die bei den meisten Straftatbeständen vorausgesetzte Sonderverantwortlichkeit zu beachten.[59]

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Erst nach dieser Bestimmung des abstrakt gemeinten tatbestandsspezifischen Verhaltensnormverstoßes kann der weiteren Frage nachgegangen werden, ob ein solcher - von der Sanktionsnorm gemeinter - tatbestandsspezifischer Verhaltensnormverstoß in concreto auch tatsächlich (eindeutig) vorliegt.[60]

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Dabei ist auch zu beachten, daß keine Rechtfertigungsgründe eingreifen dürfen[61] und das personale Verhaltensunrecht hinreichend gewichtig sein muß[62].

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Auf dieser Grundlage kann geklärt werden, ob etwa erforderliche zusätzliche Sanktionserfordernisse neben dem tatbestandsspezifischen Verhaltensnormverstoß vorliegen.[63] Insoweit spielen vor allem tatbestandsmäßige Verhaltensfolgen, aber auch sonstige gleichwertige Gegebenheiten eine Rolle. Bei feststellbarer Nichterfüllung eines solchen zusätzlichen Sanktionserfordernisses kann selbstverständlich eine entsprechende Strafbarkeit auch sogleich mit dieser Begründung verneint werden.

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Beispielsweise scheidet eine fahrlässige Tötung i. S. des § 222 unter allen Umständen aus, wenn der von dem zu überprüfenden Verhalten Betroffene überlebt hat und nur verletzt worden ist. In Frage kommt dann allerdings eine vorsätzliche Körperverletzung (§ 223) oder eine fahrlässige Körperverletzung (§ 229[64]).

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Zu den Anwendungsvoraussetzungen eines Straftatbestands gehören selbstverständlich auch prozessuale Erfordernisse der Strafverfolgung bzw. der angemessenen Reaktion auf einen (möglichen) Normbruch und nicht zuletzt solche des rechtsgenügenden Beweises. Wenn nach der "Strafbarkeit" gefragt wird, soll es aber zumindest nach üblichem Verständnis[65] auf das Vorliegen mancher solcher Anwendungsbedingungen nicht ankommen.

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Konkret heißt das z. B., daß trotz eingetretener Verjährung oder fehlendem, aber für die Strafverfolgung unbedingt erforderlichem Strafantrag die gestellte Frage nach der "Strafbarkeit" zu bejahen und nur die strafrechtliche Verfolgbarkeit wegen der entsprechenden Tat abzulehnen ist. Andererseits ist aber anerkanntermaßen bei nicht vollständig gelungenem Tatnachweis die Strafbarkeitsfrage eindeutig zu verneinen, selbst wenn ein massiver Verdacht übrig bleibt (in dubio pro reo).

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Schließlich muß - gleichsam i. S. einer Endkontrolle - zusätzlich überprüft werden, ob der anzuwendende Straftatbestand nach seinem Wortlaut auch tatsächlich auf den festgestellten Sachverhalt paßt. Ist dieses Erfordernis für die Anwendung eines Straftatbestands nicht erfüllt, kann in der praktischen Fallprüfung die Ablehnung einer entsprechenden Strafbarkeit selbstverständlich auch sogleich daran festgemacht werden.[66]

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6. Ein grundlagenorientiertes Gliederungsschema

Für die praktische Fallprüfung bietet sich das im Anhang 1 abgedruckte grundlagenorientierte Gliederungsschema an.[67] Es ist primär zugeschnitten auf alle vollendeten Erfolgsdelikte - und zwar sowohl in der Form des vorsätzlichen oder des fahrlässigen Delikts als auch in der Form des Begehungs- oder begehungsgleichen Unterlassungsdelikts. Damit sind die praktisch wichtigsten Fallgruppen ohne weiteres abgedeckt. Im übrigen ist es unschwer möglich, die danach noch offenen Bereiche durch eine geringfügige Modifikation des vorgestellten Schemas zu erfassen.

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Dieses Gliederungsschema vermag eine Vielzahl unterschiedlicher Schemata zu ersetzen und führt damit zu einer erheblichen Vereinfachung des Aufbaus der Straftat in der Fallbearbeitung. Auch ist es direkt an den sachlichen Problemen orientiert und ermöglicht deren Diskussion, ohne in einen unfruchtbaren Streit um Systemfragen eintreten zu müssen. Soweit ein solcher Streit für die Entscheidung des konkreten Falles irrelevant ist, kann und muß er ohnehin offenbleiben. Zu ihm muß dann noch nicht einmal inzident durch einen bestimmten "Aufbau" Stellung genommen werden. Nur soweit das Endergebnis des konkreten Falles (in der Strafbarkeitsfrage!) davon abhängt, muß das entsprechende Sachproblem - das gerade kein Aufbauproblem ist - entschieden werden.

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